Ein Unternehmen der Kommunikationsbranche will den Briefstil seiner Mitarbeiter verbessern, entnehme ich der Beschreibung eines jener Workshops, die in dem Unternehmen angeboten werden.
Lobenswert, wie ich finde, doch prompt gerate ich beim Lesen ins Grübeln: Vielleicht sollten erst einmal diejenigen „geworkshopped“ werden, die Beschreibungen fabrizieren wie die folgende:
„In dem Basis-Workshop haben Sie sich die grundlegenden Techniken und Fähigkeiten für einen kundenorientierten und qualitativ hochwertigen Briefstil angeeignet.“
Ein Apfel ist gut – zwei sind besser. Wenn ich Hunger habe, lasse ich mir das noch einreden. Aber: In der Mehrzahl der Fälle ist die Einzahl das Helle: „grundlegende Technik und Fähigkeit“ reicht völlig.
Qualitativ hochwertiger Briefstil!
Ein hochwertiger Briefstil kommt auch ohne das Blähwort „qualitativ“ zurecht.
Und nun folgt eine jener Lianen, wie sie typisch sind für Schreiber, die ihre Gedanken nicht ordnen, bevor sie loslegen: Haben Sie sich, steht da – ja, was denn? Es braucht 34 Silben, bis der Leser erfährt, was er sich hat. Und all die 34 Silben muss er im Kopf mitschleppen, damit er am Ende weiß: angeeignet hat er sich.
Gutes Deutsch ist doch gar nicht schwer
Eine Zumutung! 20 Wörter, 47 Silben für die einfache Aussage:
„Im Basis-Workshop haben Sie gelernt, wie man kundenorientiert schreibt.“
Halb so lang (zehn Wörter, neuzehn Silben), wesentlich verständlicher und somit zeitsparender. Zumindest für den Leser: Denn wesentlich schneller als das Satzmonstrum liest und erfasst er die Kurzversion.
Den Briefstil verfeinern
Satz 2:
„Nach einer Praxisphase in Ihrem täglichen Arbeitsumfeld verfeinern Sie in diesem Workshop Ihren Briefstil.“
Wie: tägliches Arbeitsumfeld? Täglich ist täglich, also auch samstags, sonn- und feiertags. Das ist, glaube ich, nicht gemeint bei einer Fünf-Tage-Woche. Bleibt also das Arbeitsumfeld. Warum aber nicht einfach: bei der Arbeit? Oder noch kürzer:
„Im Basis-Workshop haben Sie gelernt, wie man kundenorientiert schreibt – nun verfeinern Sie Ihren Briefstil.“
Einundzwanzig Silben weniger – alles gesagt.
Geschwätziger Briefstil – der Schuss von hinten
Satz 3:
„Besonderes Augenmerk liegt auf der Beachtung der Werte unserer Auftraggeber und der sprachlichen Umsetzung dieser.“
Drei Einwände gegen das nachklappernde „dieser“.
- Als Schlusswort ist und klingt es hässlich.
- Es schockiert, denn niemand rechnet mehr mit einem Demonstrativpronomen, das so weit zurückreicht.
- Es irritiert: Wer das Demonstrativpronomen liest, muss überlegen, worauf es sich bezieht. Wie macht man das? Richtig: indem man zurückliest – man sucht nach dem Bezug: Zeit vertan.
Kann man lernen, es besser zu machen? Eindeutig: ja! Es reicht, das Geschriebene sich selbst vorzulesen. Langsam und laut. Dann springen die Kröten auf, die zu schlucken man den Leser nötigen wollte.
Viel Spaß – und eine gute Zeit!