Boulevard und verlogene Presse

„Kunst ist anstrengend“, seufzte meines Freundes Mutter und verließ nach einer Viertelstunde die Alte Pinakothek, München, Richtung Kaufhaus Beck am Rathauseck.

Boulevard, ich wiederhole mich, ist hohe Kunst. Sie emotionalisiert Nachrichten, also Fakten, sie will Gefühle wecken und Stimmung machen. Das ist ihr gutes Recht, zugleich aber ist die Emotionalisierung jene Hürde, an der Redakteure scheitern. Ihre, der Hürde Querstangen heißen Kompetenz und Wissen.

… und hätte der Liebe nicht …

Kompetenz und Wissen. Ich weiß von einem Ingenieur, der jetzt, nach seiner Flucht aus Syrien, als Dachdeckergehilfe arbeitet. Ich kenne einen afghanischen Lehrer, der nach seiner Flucht auf dem Recyclinghof arbeitet, ich sehe bei meinem Lieblingsbäcker ein Mädchen mit Kopftuch lächelnd ihre Arbeit verrichten, und in der Praxis meines (falls es so etwas gibt:) Lieblingsdoktors arbeitet eine junge Frau, deren Vater vor ihren Augen wie Vieh abgeschlachtet wurde von einer Terrorbande in Kabul.

Und dann gibt es die Rufzeichen-Texter, Journalisten, die über Schreckliches berichten (was in Ordnung ist), oder denken, es reiche, um von Schrecklichem zu berichten, dass sie brüllen. Sie hecheln Empörung, doch Hecheln ist schwach, ist atemloses Atemsuchen, und so holen sie Luft, die Dienstempörten, und speien aus das Rufzeichen und den Hashtag.

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