Zweifel seien erlaubt

pawo_bezweifeln„Ich bezweifle“, schreibt Redakteur Fritz Greiler in dem wöchentlich erscheinenden Anzeigenblatt ‚Passauer Woche‘, Ausgabe 27/27, „ich bezweifle, ob darauf die Wähler wirklich gewartet haben.“ Darauf nämlich, dass Gabi Pauli ihre Partei, die Freie Union, zur Bundestagswahl antreten lässt.

Etwas bezweifeln, das heißt: es in Frage stellen. Unsicher zu sein über beispielsweise die Richtigkeit einer Aussage – und dann darf der Nebensatz nur

mit dass angeschlossen werden: „Ich bezweifle, dass sie darauf gewartet haben.“

Hätte Greiler geschrieben: „Ich zweifle“, wären beide Varianten zulässig – dass genauso wie ob. Nur hat er aber genau das nicht geschrieben mit dem Effekt, dass sein Satz einen Verdacht keimen lässt …

Ach, wie so trügerisch

Was, wenn er geschrieben hätte: „Ob die Wähler darauf gewartet haben“? Mit diesem Stil-Mittel der rhetorischen Frage hätte der Redakteur seinen Lesern einen Schubs verpasst: Die rhetorische Frage verlangt nicht wirklich nach einer Antwort, setzt aber andererseits die Diskussion in Gang und hält die Gedanken über die Lektüre hinaus am Leben.

Ich unterstelle: Greiler will Stärke demonstrieren und Überzeugung. Er will gar nicht diskutieren; das ‚Ich bezweifle‘ verrät ihn. Seine behauptende Aussage klingt kategorisch (daran ändern auch nichts die Auslassungspunkte) und hievt ihn selbst ins Rampenlicht: Ich bezweifle!

Sein ‚Bezweifeln‘ richtet sich gegen eine populäre Politikerin. Vielleicht kennt er den Satz, dass die eigene Stärke gemessen wird an der Stärke seiner Feinde, und vielleicht, ja vielleicht ahnt er etwas von dieser Stärke in dem Moment, da er schreibt: „Ich bezweifle!“ Aber Schreiben baut keine Muskeln auf …

Conclusio: Greiler ‚bezweifelt‘ – eine starke Haltung. Dann aber schließt er grammatikalisch falsch an mit ‚ob‘ – dem Fragewort also, das Unsicherheit andeutet, sie erlaubt, ja sogar bewusst machen will. Er springt von stark nach schwach: Der Redakteur Greiler agiert auf engem Raum bildlich gesprochen wie ein knurrender Hund mit eingezogenem Schwanz. Und hinterlässt den Eindruck, mutig nur mit der Feder zu sein.

Dass er das ahnte, als er es schrieb? Dass er es beabsichtigt hat? Ich bezweifle.

Bis bald – und eine schöne Zeit!

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