Vom Mündlichen zum Schriftlichen

Wie die Figuren in deinen Geschichten sprechen sollen

Ein Beispiel, das kürzlich auf Facebook als Frage auftauchte. Claudia M. schreibt: „Ich habe ein Problem mit der Subjekt-Verb-Kongruenz in folgendem Satz.“

„Dann kann ich nicht garantieren, dass du – oder die Frauen, die du dort hinschicken wirst – überlebst/überleben.“

Mal abgesehen von der Ausgangsfrage: Wer spricht denn so? Mit Gedankenstrich? Mit eingeschobener näherer Erläuterung? In welcher Situation fällt solch eine Aussage?

Keine Frage der Grammatik, sondern des Stils

So wie der Satz dort steht, weckt er in mir das Bild eines Vortragenden. Jemand, dessen linke Hand in der rechten liegt auf Höhe des Bauchnabels. Wir alle kennen diese Haltung aus ungezählten YouTube-Anweisungen zur „richtigen“ Körpersprache: „Signalisiere Konzentriertheit, strahle Ruhe aus, halte den Körper im Zaum, wackele nicht!“

Nun der Einschub, „die Frauen, die du dort hinschickst“. Die linke Hand dreht und hebt sich, die Handfläche zeigt nach oben; der Vortragende senkt Stimmlage und Lautstärke und nimmt nach dem Einschub erneut Fahrt auf: „Überlebst!“

Ich empfinde bei diesem Satzbau ein Gefälle zwischen Sprecher und Zuhörer; ich spüre Macht, Überheblichkeit, Anmaßung, Belehrung.

Wenn dem so ist, wenn also der Satz während einer Auseinandersetzung fällt, innerhalb einer Diskussion, eines Gesprächs, dann sind hier Rollen verteilt; dann gibt es einen, der das Sagen hat, und einen, der gehorcht.

Keine Relativsätze in wörtlicher Rede

Wörtliche Rede ist direkt, ist unmittelbar ist SPO: Subjekt – Prädikat – Objekt. In wörtlicher Rede gibt es keine komplexe Satzstruktur, der Relativsatz aber ist die erste Stufe eines komplexen Gebildes.

Etwas überspitzt formuliert: Kein Mensch nutzt Relativsätze beim Sprechen.

Und deshalb muss die Empfehlung lauten: Satzumbau!

„Dann kann ich nicht garantieren, dass du überlebst – oder die Frauen, die du dort hinschicken wirst.“

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