Wenn man mich fragte, welches meine Lieblingsschauspielerin sei, ich müsste passen. Judi Dench mag ich sehr, Meryl Streep finde ich immer wieder beeindruckend, eine Zeitlang stand ich auf Julianne Moore – das sind so die Dauerbrenner meiner Filmlieben.
Dann, vor gut elf, zwölf Jahren, traf mich der Blitz in der bezaubernden Gestalt von Lúcia Moniz; ihretwegen wäre ich beinahe nach Portugal ausgewandert. Ähnliches widerfuhr mir, als ich Last Samurai sah, die (offiziell nie eingestandene) Verfilmung von James Clavells Roman Shogun mit Tom Cruise in der einen und Ken Watanabe in der anderen Hauptrolle. Der Anblick der schmerzlich-schönen Koyuki hätte mich ums Haar ins Exil nach Japan katapultiert, wo ich vor ihr auf den Boden hätte sinken wollen und ihr meine … ähem, das führt jetzt einerseits zu weit weg, war aber erforderlich, um eine Verblüffung zu erklären, die mich gestern befiel.
Komposition zitiert
Kinosaal 1, der große, im Passauer Cineplex. Tom Cruise gibt den Ethan Hunt im fünften Teil der Mission-Impossible-Reihe, genannt Rogue Nation (MI:5). Eine irre Szene spielt in der Wiener Staatsoper (und wer ältere Filme kennt, wird unweigerlich an Hitchcocks Der Mann, der zuviel wußte erinnert); wie hier mit der Dramaturgie des Tons die Gefahr beschworen wird, in der der österreichische Ministerpräsident schwebt, das ist schon sehr raffiniert. Wo war ich? Ach ja, in der Staatsoper.
Auftritt die weibliche Hauptfigur Ilsa Faust. Eine Szene, gefilmt wie ein Clip für Magnum Mandel. Sie: steigt die weite Treppe im Opernhaus hinauf. Kamera: Froschperspektive, Fahrt im Bogen von links nach rechts, den Popo der Ilsa in ihrem aufregend gelben Kleid in Szene setzend. Und nun die Musik, nun der Punkt, auf den ich eigentlich hinauswill:
Es ertönt dieselbe betörende, klagende Melodie wie jene, die erklingt, als Koyuki und Cruise in Last Samurai ihre Zuneigung zueinander entdecken. Eine fallende Tonfolge, auf der sich ein hohes Ostinato der Geige in die Seele schmilzt. Ein Traum.
Wein, Weib und Gesang
Warum macht man das? Warum taucht eine Melodie aus einem gänzlich anderen Film auf? Es kann im Grunde nur als Zitat aufgefasst werden, denn ich mag mir nicht vorstellen, dass bei all der Kalkuliertheit von Hollywood-Produkten (zumal in dieser Preisklasse) solch eine Dopplung nicht auffiele. Cruise hier, Cruise dort – das könnte die Verbindung sein. Oder eine Wette. „Wenn du mich die Filmmusik zu MI:5 schreiben lässt“, sagt der Komponist Joe Kramer, „bin ich für jeden Spaß zu haben.“ – „Cool“ sagt der Regisseur, sagt der Produktionsleiter, sagt Cruise, und sie machen’s.
Ob das auch Hans Zimmer cool findet, der Komponist von Last Samurai, das weiß ich nicht.
Noch ein Zitat. Abspann
Während Ilsa und Ethan hinterm Prospekt, im Schnürboden und auf der Bühne herumturnen, wird dort Turandot gespielt, die Oper von Giacomo Puccini. Und natürlich erklingt just in diesem Moment das berühmteste Lied, das Nessun dorma – genau wie in Hannibal, dem Nachfolger von Das Schweigen der Lämmer.