„Boulevard morbide“: Passauer Neue Presse

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Fünf Aufmacher – viermal davon ein Todesthema.

Das große Ladensterben

Ein Mensch verbrennt

Ein Bursche bis in den Tod (wobei der Artikel nicht erklärt, was die Überschrift andeutet: den Tod)

und schließlich:

Ein Flugzeugabsturz mit 66 Toten.

Ich wiederhole: ein Absturz – kein Absturtz, wie es der Redakteur uns einreden will.

Was daran ist nun bemerkenswert? Dass Fehler passieren? Geschenkt. Dass Redakteure und Redakteursanwärter, vulgo: Volontäre, in Sachen Rechtschreibung immer weniger als Vorbild taugen? Das schon eher. Am bedauerlichsten und damit am deutlichsten am Auftrag einer Redaktion vorbei scheint mir der Artikel übers „Ladensterben“.

Der Artikel strotzt vor Zahlen – kein Mensch aber ist an Prozenten interessiert; Menschen wollen das Wieso wissen und das Warum. Der Artikel käut wieder, was eine Pressestelle herausgepulvert hat. Das ist bequem für den Redakteur, denn er schreibt die Meldung bloß ab bzw. winkt sie ins Online-Portal durch; vielleicht hat er mit ein paar Eingriffen seine „Duftmarke“ gesetzt. Der Redakteur zeigt damit, dass ihm seine Leser egal sind. Statt sich dahinterzuklemmen und vor Ort die Menschen zu fragen, warum das so ist, was dagegen unternommen werden kann, welche Wirkung das „Ladensterben“ auf die Dörfer übt, schreibt er … nichts.

Höre ich da den Einwand, solch ein Artikel könne ja noch folgen? Der Einwand greift nicht. Man beginnt eine Serie nicht mit der Statistik – die Serie muss die Statistik tragen, nicht umgekehrt. Aber um Hagen Rether zu zitieren: „Was reg’ ich mich auf?“

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