Der Politik aufs Maul gehaut

AmSonntag_Kobler_WahlEine Sprache, so sie lebendig wirken will, ist immer eine Sprache der Verben: In ihnen, nicht in den Substantiven, lebt die Tat. Seltsam, wenn grade Politiker das vernachlässigen …

Am 4. Oktober zitiert das Passauer Anzeigenblatt Am Sonntag aus einem Brief des MdL Konrad Kobler an den CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Kobler soll geschrieben haben:

„Bezüglich der aktuellen Ergebnisse bei der Bundestagswahl bedarf es zur Findung der Gründe des weiteren Abdriftens der CSU keine allzu großen Verrenkungen.“ 22 Wörter! Davon 7 Substantive, fünf Artikel, ein einziges Verb – hier verendet ein Satz! Eilen wir ihm zu Hilfe, beispielsweise folgendermaßen:

Rascher auf den Punkt kommen

‚Die CSU hat bei der Bundestagswahl schlecht abgeschnitten. Warum, ist rasch erklärt.‘ Wollte Kobler etwas anderes mitteilen? Wohl kaum. Warum also braucht er doppelt so viele Wörter?

Vielleicht kann er nicht anders. Möglich, dass Kobler spricht, wie er schreibt. Vielleicht aber will er‘s gar nicht so direkt sagen. Er reckt den Kopf zur Kritik – und duckt sich sofort mit Hilfe seiner Wortwahl. Denn hinter ‚bezüglich‘ und ‚Findung‘ und ‚Abdriften‘ lässt es sich gut verschanzen. (Übrigens: ‚bedürfen‘ bedarf des Genitivs – es bedarf keiner allzu großen Verrenkungen, ist die korrekte Form).

Wer ein Verb benutzt, braucht ein Subjekt. Ein Subjekt, das handelt. Im zitierten Satz von Kobler handelt keiner. Hier versteckt sich einer hinter Worthülsen, hier trabt einer hoch heran, so hoch, dass man ihn kaum ausmachen kann auf seinem Ross. Koblers Formulierung ist abgehoben – und bedient sich genau dessen, was sie eigentlich kritisieren will: dass sich die CSU von den Wählern entfernt hat.

Fazit: Eine Vermeidung der Substantivierung ist zu bevorzugen.

Bis bald – und eine schöne Zeit.

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