Ich werd’ verrückter!

Wir leben in schweren Zeiten! Die Lufthansa reißt die Sitze aus der ersten Klasse, Stephen King braucht 1.000 Seiten für eine rührend-banale Liebesgeschichte, und vor Stefan Sommer steht, wie er selbst sagt, „eine große Aufgabe“. Stefan who? Na, Stefan Sommer, der neue Chef der Zahnradfabrik Friedrichshafen, kurz ZF! Sommer übernimmt den Posten von Härter und soll dafür sorgen, dass die ZF weltweit an Boden gewinnt. Womit wir beim Thema sind: weltweit, auf der ganzen Welt, oder, ums auf Wirtschaftsdeutsch zu sagen: global (sprich bitte folgendermaßen: gloubel).

Als Gott die Welt schuf, sagte er: „Wie supi ist das denn?!“

Nun hat dieses „global“ einen dummen Nachteil: Es macht nicht mehr so viel her. Weltweit ist gar nicht mehr so schrecklich weit, wenn Sabine aus Landenberg, Pennsylvania, oder Uli aus Casablanca, Maroc, klicknah auf meinem Schreibtisch sind. Vor allen Dingen aber ist es begrenzt, limitiert, dieses global bzw. weltweit. Und damit wird es zum Sündenfall für jeden Boss, für jede Statistik, für jeden Nachfolger. Wie jetzt für Stefan Sommer.

Denn: Wie drückt man das aus, wenn man zwar einerseits als „global player“ verstanden werden, andererseits aber auch Wachstum suggerieren möchte? Mit anderen Worten: schon überall ist, aber wachsen muss? Für diese Not hält die deutsche Grammatik den Komparativ bereit, die Vergleichsform. Nur hat auch die ihre Tücken.

Preisfrage: Hat Gott, der global player schlechthin, nachdem am zweiten Tag endlich Licht in der Bude brannte, gestöhnt: „Mann, das hätte ich auch besser gekonnt“? Hat er nicht! Gott fand, er habe die Sache recht ordentlich hingekriegt! Er sah, dass es gut war (1. Buch Mose, Kapitel 1). Was lernen wir daraus?

Es gibt Dinge, die kann man nicht „mehr“ machen. Licht, zum Beispiel – auch wenn Goethe es im Moment seines Todes gewünscht haben soll. Oder schwanger. Mehr als schwanger geht einfach nicht. Selbst eine mit Zwillingen bestückte Frau ist nicht zweifach, sondern einfach nur schwanger. Erst recht ist sie nicht schwangerer. So wie weltweit nicht weltweiter ist, wenn man statt nur in Nord- auch in Südkorea Getriebe bauen lässt. Und deswegen ist Quatsch, was der Korrespondent Martin-W. Buchenau im Handelsblatt über den neuen ZF-Chef Stefan Sommer schreibt: Sommer solle „den Automobilzulieferer globaler aufstellen“ (Nr. 85, S. 55).

Merke: Nicht alles, was mehr ist, ist auch guter.

Viel Spaß – und eine etwas schönere Zeit!

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