Das Komma beim Infinitiv. Eine Betrachtung

In den einschlägigen Gruppen von Facebook wird immer wieder mal diskutiert, ob etwas falsch geschrieben sei oder nicht.

Auf mich wirken diese Unterhaltungen irgendwie „typisch deutsch“. Gesucht wird die Orientierung, es wird in den Kategorien von „richtig“ und „falsch“ argumentiert, der Duden gilt als die uneingeschränkte Instanz (was er nicht ist) – kurz: Immer wieder geht der Blick Richtung Autorität, statt den für Wesentliches zu schulen.

Komma als sinnstiftendes Element

Das Komma ist ein Satzzeichen, mehr nicht; hier kann es kein Richtig oder Falsch geben im Sinne einer Regel – hier kann es nur eines geben:

Drückt das Satzzeichen aus, was ich meine?

(Hätte ich jetzt an diese Frage ein Semikolon angeschlossen, würde jeder mit recht sagen: „Falsch!“ Tatsächlich aber meint dieses „Falsch!“ doch nur: Mit dem Semikolon führst du deine Leser auf die „falsche“ Fährte.) Sogenannte Regeln dienen nur den Lernenden: Sie sollen erklären, wann und was sinnvoll ist (und somit möglicherweise richtig), damit sie und ihre Absicht verstanden werden. Zum Komma.

Das Komma trennt (soll trennen) und schafft Bedeutung. Ob ich ein Komma setze oder nicht, ist erst einmal vollkommen wurscht. Nicht egal ist es bei solchen Fällen, die Mehrdeutigkeit in sich bergen; wir alle kennen das als Spaßfragen der Art: „Karl mein Vater und ich gehen über die Straße“ – wie viele Personen sind unterwegs?

Als ein schwieriges Kapitel empfinde ich immer wieder das Komma bei der Aufzählung:* Sind die Attribute gleichrangig oder sind sie es nicht? (Früher „musste“ es heißen: Sind die Attribute gleichrangig [Komma] oder sind sie es nicht?)

Wer also eine Diskussion mit seinem Lektor darüber führt, diskutiert unter Niveau. Die eigentliche Frage muss immer heißen: „Wird meine (des Autors) Absicht durch ein Komma klar, klarer oder verfälscht?“ Und schon löst sich die Debatte nach richtig oder falsch in Luft aus – egal, was Duden dazu „meint“.

*Der Link führt zu einem Artikel, der klar macht, wie rasch man durch ein unschuldiges Komma eklatante Fehler begehen kann – ähnlich der Übermittlung, die Spinat zu einem Eisenlieferanten erhob, was Spinat tatsächlich nicht ist.

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