Falsches Bild, Vol. II

Die „Am Sonntag“ ist eine lokale Gratiszeitung im Boulevard-Stil, die seit 1. Oktober 2000 komplett vierfarbig jeden Sonntag kostenlos in der Stadt erscheint …*

So beschreibt die Zeitung in ihren Mediadaten ihr Selbstverständnis, und der Leser reibt sich die Augen!

Eine „Gratiszeitung, die kostenlos erscheint“ ist Quatsch. Richtig und damit besser ist also die Formulierung: 

„Die ‚Am Sonntag‘ ist eine Lokalzeitung, sie kostet nichts.“

Was nichts kostet, taugt nichts, warnte schon meine Großmutter. Aber sie kannte die Am Sonntag nicht, die taugt durchaus zu etwas: Mich amüsiert sie Woche für Woche. Zwei Beispiele aus der Ausgabe vom 21. März 2010:

Auf der Titelseite ein Teaser, also ein kleiner Text, der auf den eigentlichen Artikel im Innenteil aufmerksam machen soll. Der Redakteur schreibt: „Dafür hagelte es jetzt eine Rüge.“ Hagel ist ein Sammelbegriff. Wenn man etwas hageln lässt, macht einzig und allein der Plural Sinn: Es hagelt Vorwürfe, es hagelt Bonbons beim Faschingsumzug, es hagelt Geschosse auf die Stellungen. Und auf die Am Sonntag hageln jetzt meine Rügen …

Zweitens. Boulevard, man kann es mögen oder nicht, ist hohe Kunst. Boulevard ist die Emotionalisierung von Nachrichten, also von Fakten. Völlig in die Irre führt die Ansicht, Boulevard lasse sich erzielen durch das Aufplustern mittels Attribute und Adjektive (und, natürlich, durch große Buchstaben). Ob man’s bei der Am Sonntag auch so definiert, entzieht sich meiner Kenntnis; auf jeden Fall liebt es die Redaktion, den Substantiven Attribute vorauszuschicken und Adjektive. Wozu das gut sein soll, ist unklar, denn die Redaktion scheint ihre Leser für dumm verkaufen zu wollen. Hier geht‘s zum Beispiel …

(* Zitat gefunden am 21. März 2010 auf der Homepage der Zeitung ‚Am Sonntag‘ als pdf-Download)

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