Trailer fürs Glücksspielbuch

Ich bin fiebrig, kann nicht mehr schlafen, maximal zwei Stunden jede Nacht.

Das Adrenalin kocht in mir, ich mag es gar nicht glauben. Und doch, es wird wahr – ein Buch! Ich habe ein Buch geschrieben, das im Herbst bei Amazon an den Start gehen wird. Ein Buch über Online-Casinos, so eine Art „Handbuch“.

Wie es dazu kommen konnte, dass ich ein Buch geschrieben habe über die digitalen Glücksritter, die die Online-Casinos erobern wollen, das beschreibe ich in seinem Nachwort.

Ihr, meine treuen und neuen Leserinnern und Leser, könnt das Nachwort schon heute lesen, quasi als Vorwort, als eine Art Trailer. Wer sich für das Buch interessiert, darf mir gerne schreiben, ich werde zum Stapellauf eine Mail verschicken. Nun aber, meine Damen und Herren: das Nachwort.

©Herbert Käfer; pixelio.de
©Herbert Käfer; pixelio.de

Wie es zum Buch über Online-Casinos kommen musste

Ein Nachwort statt eines Vorworts
Alle haben sie mitgemacht. Alle haben sie sich dem Druck gebeugt, den sie zu spüren glaubten. Wie damals, als man noch Angst haben musste um Leib und Leben.

Ohne Google wäre die Welt ärmer, keine Frage. Wie sonst würden wir erfahren, dass Neil Harbisson Farben hören kann? Oder dass Hanf ein Geschenk Gottes ist, das im Verdacht steht, Krebs heilen zu können? Oder dass Shades of Grey zwar wahnsinnig gerne gelesen wird und ungemein erfolgreich, nicht aber wirklich Literatur ist? Keine Frage: Google macht die Art bunter, wie wir die Welt sehen können.

Doch die Buntheit, sie wärmt nicht; mit Google ist auch Kälte eingezogen.

Galt das Internet in seiner Lausbubenzeit noch als Utopia, als Land von Milch und Honig, wurde bald klar: Wer etwas verkaufen möchte, muss sich den Vorgaben von Suchmaschinen anpassen. Und da geschah etwas Seltsames mit den Menschen. Jedenfalls mit einigen von ihnen.

Google (dasselbe gilt selbstverständlich auch für die anderen Suchmaschinen) zwang und zwingt Moral auf. Selbstverständlich nur jene Moral, die die Macher hinter den Suchmaschinen für „moralisch“ halten. Im sauberen Internet mit der Putzkolonne Google wurde es schwer, etwas über Nazis zu finden, über Pornos, über Spielcasinos. Dies alles hielt Google für Pfuibäh und bestrafte deshalb Seiten, auf denen diese Themen behandelt wurden.

Wie die Strafe aussieht? Ganz einfach: In der katholischen Kirche vergangener und längst überwunden geglaubter Zeiten gab es den Index Librorum Prohibitorum, einen Katalog verbotener Bücher. Bei Google stehen keine Bücher auf dem Index, sondern Keywords, Reizwörter, auf die Suchmaschinen mit weitgehender Ignoranz reagieren. Strafe durch Unterdrückung.

Seiten mit anrüchigen Themen wurden und werden schlecht gerankt, wie das ganz unverfänglich heißt. Sie werden in den Ergebnisse so weit nach hinten geschoben, dass kein Mensch auf der Suche nach Informationen bis dorthin blättert. Für ein Unternehmen kommt das der Verbannung in den Gulag gleich, der Deportation nach Sibirien. Untergang.

Das will natürlich keiner, und so machen sie alle fleißig mit, denn alle wollen nur das Beste: das Geld ihrer Kunden. Soweit, so weniger schön.

Ich will mich nicht über Gebühr ereifern, aber eines ist klar. Dieses Buch hätte niemals entstehen können ohne die moralische Instanz Google und ohne die Furcht eines einzelnen Administrators. Und das kam so…

Vier umfangreiche Artikel hatte ich geschrieben. Hatte recherchiert bei Juristen und bei Behörden, hatte Feld- und Selbstversuche angestellt und Menschen interviewt. Hatte Tage investiert in die Arbeit, an deren Ende vier Artikel standen. Der Administrator aber sah nur das Reizwort, erblickte nur den Index und fürchtete, wie er mir schrieb: „Glücksspiel-Werbung wird von Google überhaupt nicht gern gesehen und wird rasch abgestraft.“

Glücksspiel-Werbung? Ich hatte in bester journalistischer Manier ein Thema gewählt (Online-Casinos) und darüber berichtet. Und nun machte sich der Admin zum Büttel, zum Erfüllungsgehilfen einer Suchmaschine angesichts einer bloß vermuteten „Strafe“. Der Admin sperrte meine Artikel.

So kam es, dass ich nach Alternativen suchte. Ich suchte nach Möglichkeiten, meine Arbeit dennoch zu veröffentlichen. Und so kam es, dass du jetzt dieses Buch auf deinem Reader siehst.

Bin ich wegen der Sperre empört? Kein bisschen!

Beklage ich eine „Zensur“? Absolut nein!

Ich bin vielmehr in Sorge. Wenn junge Menschen wie dieser Admin das Zittern bekommen wegen vier Artikeln, die bei Google möglicherweise schlecht beleumundet sind, so stehen uns schwere Zeiten bevor. Und ich mag gar nicht daran denken, wenn es mal wieder richtig ernst werden sollte – wenn Courage gefordert ist und Widerstand, wenn der Zorn der Vernunft dienstbar zur Hand gehen muss, damit sie sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen kann*, wenn wieder Bücher brennen.

Bitte versteh’ mich nicht falsch. Ich spreche absolut nicht von Zensur – für so bedeutsam halte ich meine Artikel nicht. Ich spreche von Mut und von seinen Gegenstücken: der Schwäche, der Demokratie, der Larmoyanz, dem Geschäftssinn, der Behäbigkeit, der Sattheit, dem Sofa.

Der Admin hat etwas offenbart: Google et al. besitzt eine Macht, die sich bereits in den Köpfen eingenistet hat. Das ist die eigentliche Gefahr – und nicht, dass ein paar meiner Artikel gestrichen wurden.

* Georg Schramm brachte dieses Zitat in seinen Kabarettprogrammen fulminant auf die Bühne, und er schrieb es Papst Gregor dem Großen zu. Das aber ist strittig. Mehr dazu findest du bei Wikipedia.

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