Arme Polizei

Lustig formuliert
Lustig formuliert

„Mit starken Stichverletzungen im Oberarm hat die Polizei am Neujahrstag um 17 Uhr einen 29-jährigen Mann aus Bogen gefunden“, schreibt die Passauer Neue Presse am 3. Januar 2009. Das wirft Fragen auf, zum Beispiel diese hier: Wer ist ‚die Polizei‘?

Dudens Universalwörterbuch weiß es: Die Polizei ist eine „staatliche oder kommunale Institution, die {mit Zwangsgewalt} für öffentliche Sicherheit und Ordnung sorgt …“ Eine Institution also. So etwas wie die Arbeitsagentur. Würde aber seltsam klingen, wenn man schriebe: „Mit leerem Portemonnaie in der Hosentasche hat die Arbeitsagentur einen Mann in ihrem Wartebereich gefunden.“ Nein, in diesem Fall greift die zweite Bedeutung für ‚Polizei‘, die auch die Angehörigen der Polizei meint, also jeden einzelnen Polizisten.

Was bleibt, ist ein komisches Gefühl: Wenn ‚die Polizei‘ in Aktion tritt, agiert die Staatsgewalt, nicht aber der einzelne Mensch. Warum also unterließ es der Redakteur zu schreiben: „zwei Polizisten kurz vor Dienstschluss auf Streife durch den Park“? Sofort entstünde ein Bild, und die Meldung bekäme ein Gesicht.

Wer ist das Subjekt? Wo im Satz ist der Platz für Umstandsangaben?

Aber darüber hatte ich ursprünglich gar nicht schreiben wollen. Nein, gestolpert bin ich über die Einleitung, über die ‚starken Stichverletzungen‘. Was fällt dem Leiter der Dienststelle ein, so ging es mir durch den Kopf, seine stark verletzten Beamten arbeiten zu lassen? Jedenfalls steht es so da oder genauer: Es lässt sich auch so verstehen. Und wenn der Text Interpretationen erlaubt, ist die Meldung nicht mehr ‚ein-‘deutig.

Mit ist völlig klar, dass ich damit in Krümeln picke, es gibt Schlimmeres. Was mich aber ärgert ist ein Missverhältnis: Wer so nachlässig wie der Verfasser der Zeitungsmeldung mit Sprache umgeht, gleichzeitig aber viel Geld dafür erhält (geschätzte 3.500 Euro im Monat, dreizehnmal jährlich ausgezahlt), müsste zur Nachhilfe! Ihm (oder ihr) ist die Lust vergangen an der Arbeit. Ihm (oder ihr) sind diejenigen egal, für die er (oder sie, und jetzt ist Schluss damit) schreibt: die Leser!

Bis bald – und eine schöne Zeit!

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