Tipp fürs Verständnis: die Klammer muss nach hinten

Aus einem Manuskript, das ich für einen Fachverlag der Medizinbranche lektoriere:

Erstens besitzt die MRT bereits ohne die Verwendung von Kontrastmittel einen hervorragenden Weichteilkontrast und ist somit in der Lage intrainterventionell Leberläsionen sichtbar zu machen, die anderen Modalitäten (z. B. dem nativen CT, vgl. Abb. 3.12 a) verborgen bleiben.

Freundlicherweise sagt mir der Autor, was er mit die anderen Modalitäten meint – in diesem Fall sagt er es mir, seinem Leser, mit Hilfe eines in Klammer gesetzten Beispiels.

Das Problem: Durch die Klammer wird der Lesefluss unterbrochen und somit das Verständnis erschwert. Wenn ich indes die Klammer nach hinten schiebe, gewinnt der Text unmittelbar – er gewinnt, weil ich die Bestandteile des Verbs vor die Klammer setze!

Wie der Text hinzugewinnt

Vorteil I. Sowie ich „die anderen Modalitäten“ lese, will ich wissen, was mit ihnen geschieht, mit den Modalitäten; doch die Unterbrechung der Klammer zwingt den Leser, den Teil vor der Klammer im Gedächtnis zu behalten. Diese Belastung entfällt durchs Umstellen!

Vorteil II. Was mich entlastet beim Lesen, dient dem Verstehen; und es dient der Lesegeschwindigkeit, dem Tempo also, in dem ich den Text lesen kann – gewonnene Lebenszeit!

Ich konzediere: Im Beispiel ist das Verständnis nicht wirklich herausgefordert; und trotzdem wird der Fluss des Gesagten bereits in dieser kleinen Version deutlich geschmeidiger:

Erstens besitzt die MRT bereits ohne die Verwendung von Kontrastmittel einen hervorragenden Weichteilkontrast und ist somit in der Lage intrainterventionell Leberläsionen sichtbar zu machen, die anderen Modalitäten (z. B. dem nativen CT, vgl. Abb. 3.12 a) verborgen bleiben.

versus:

Erstens besitzt die MRT bereits ohne die Verwendung von Kontrastmittel einen hervorragenden Weichteilkontrast und ist somit in der Lage, intrainterventionell Leberläsionen sichtbar zu machen, die anderen Modalitäten verborgen bleiben (z. B. dem nativen CT, vgl. Abb. 3.12 a).

Klammer nach hinten – ein wunderbarer Kniff für schnelleres Lesen, rascheres Verstehen, geschmeidigeren Textfluss!

Nachtrag

Noch ein Beispiel aus einem anderen Buch desselben Verlags. Es geht in dem Buch um Ultraschalluntersuchungen der äußeren männlichen Genitale.

So schrieb’s der Autor:

Die Untersuchung sollte mit reichlich Ultraschallgel und mit möglichst geringem Anpressdruck des Ultraschallkopfes („schwebende Schallkopfführung“) durchgeführt werden, um eine Lumenkompression zu vermeiden. 

So habe ich es geändert:

Die Untersuchung sollte mit reichlich Ultraschallgel und mit möglichst geringem Anpressdruck des Ultraschallkopfes durchgeführt werden („schwebende Schallkopfführung“), um eine Lumenkompression zu vermeiden. 

Und so hätte ich es machen sollen:

Die Untersuchung sollte mit reichlich Ultraschallgel und mit möglichst geringem Anpressdruck des Ultraschallkopfes durchgeführt werden, um eine Lumenkompression zu vermeiden („schwebende Schallkopfführung“). 

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